Donnerstag, 18.08.2011: Lochranza – Campbeltown
Nach einem gemütlichen Frühstück starteten wir in Lochranza Richtung Fähre. Dort waren wir die ersten, konnten aber nach kurzer Zeit schon die Fähre ausmachen, die von Cloanaig kam. Die Crew dieser Fähre war absolut unorganisiert und es war nicht ganz einfach zu verstehen, wohin wir das Auto abstellen sollten. Die Fähre war auch viel kleiner als nach Ardrossan.
In Cloanaig bestand der Fähranleger nur aus ganz wenigen Häusern, eigentlich nicht nachvollziehbar, warum hier überhaupt eine Fähre gebaut wurde.
Zuerst sind noch ein Stück weiter nach Norden gefahren zum Skipness Castle. Das ist eine gut erhaltene Ruine, die noch einen intakten Turm hat. Ein Stück weiter ist eine kleine Kirchenruine mit einem Friedhof rundherum.
Wir wollten dann von Skipness nach Campbeltown fahren. Google Maps schätzte für 30 Meilen 54 Minuten, reine Fahrtzeit waren es dann allerdings eher 90 Minuten. Knapp daneben! Wenn man auf die Schätzung angewiesen ist, hat man ein großes Problem. Wir hatten schon großzügige Reserven eingeplant, so dass es uns nichts ausmachte. Vermutlich rechnet Google auch auf einer Single Track Road mit der erlaubten Höchstgeschwindigkeit, was absolut utopisch ist.
Bei der Saddle Abbey hielten wir an und schauten uns die wenigen Überreste an. Hier sind vor allem noch einige Grabplatten ausgestellt, viel mehr als ein paar Mauerreste sind von der Abbey nicht mehr vorhanden. Interessanterweise schreiben die Schotten auf ihre Grabsteine keine Geburtsdaten, nur das Todesdatum und das Alter. Traurig war ein Grabstein, dem zu entnehmen war, dass ein Schäfer und seine Frau fünf Kinder beerdigen mussten.
Kurz nach Saddle wurde aus der Single Track Road dann eine zweispurige Straße, die allerdings z. T. dann auch wieder einspurig wurde. Es ist oft einfacher eine Single Track Road zu fahren als auf einer schmalen zweispurigen Straße, auf der die Einheimischen vorbeiheizen.
In Campbeltown mussten wir ein wenig suchen, um unser B&B zu finden. Leider konnten wir unser Zimmer nicht beziehen, da keiner unserer Hosts zu Hause war. Wir sind dann gemütlich in die Stadt gelaufen und haben das Heritage Museum besichtigt, in welchem wir erfahren haben, dass über das Wochenende ein Musikfestival in der Stadt stattfindet.
Aus diesem Grund waren auch viele Gegenstände weggeräumt, da auch in dieser ehemaligen Kirche ein Konzert stattfinden sollte. Die beiden Damen waren total engagiert und erzählten uns vieles. Zu sehen sind hier lokale Gegenstände und viele Informationen aus der Geschichte Campbeltowns. Besonders beeindrucken war eine Fotografie aus den 1880 Jahren: Die komplette Hafenmauer war mit Fässern zugestellt.
Anschließend liefen wir zum Cadenheads Whisky Shop, wo wir unsere Tickets für die Tour die Tour bei Springbank und Glengyle abholten. Von dort liefen wir zur Springbank Destillerie. Wir waren die einzigen, die für diese Tour gebucht waren und bekamen zufälligerweise einen etwas ungewöhnlichen Führer: Peter. Peter ist eigentlich der zuständige Manager für die Produktionsplanung, aber da kein anderer Führer vorhanden war, übernahm er die Tour. Es ging los auf dem Mälzboden. Springbank ist unseres Wissen die einzige Destillerie, die noch den gesamten Whiskyherstellungsprozess selbst vornimmt. Das Wichtige am Mälzen ist die Gerste so zu mälzen, dass die Körnchen nicht verkleben und trotzdem entsprechen austreiben. Jedoch muss der Prozess rechtzeitig beim Darren gestoppt werden, so dass noch keine neuen Pflänzchen wachsen. Das Mälzen dauert ca. 5-6 Tage, dabei wird die Gerste alle 8 Stunden gewendet. Einmal wenden dauert ungefähr eine Stunde.
Für Springbank, Kilkerran, Longrow und Hazelburn Whisky wird das Mälzen und Darren bei Springbank vorgenommen. Longrow und Hazelburn sind zwei weitere Marken, die bei Springbank produziert werden, Kilkerran wird in der benachbarten Glengyle Destillerie produziert.
Nach dem Mälzen wird der Keimvorgang der Gerste durch das Darren gestoppt. Der Gerstenmalz wird also mittels heißer Luft oder Rauch so erhitzt, dass die Keimung aufhört und gleichzeitig das Malz wieder trocken ist, damit er gelagert werden kann. Der Ofen, um den Darrboden zu heizen, wird für die unterschiedlichen Whisky-Sorten unterschiedlich lange mit Torf befeuert oder nur mit heißer Luft durchzogen. Für Hazelburn wird überhaupt kein Torf verwendet, sondern das Malz 36 Stunden lang mit heißer Luft getrocknet. Für Kilkerran und Springbank Whisky wird das Malz 6 Stunden über Torfrauch und 30 Stunden über heißer Luft getrocknet und für Longrow wird das Malz 40 Stunden über Torfrauch getrocknet. Dadurch ergibt sich ein Phenol- (Rauch-) Gehalt von 8ppm (parts per million, also Teilchen pro Million Teilchen) für Springbank und Kilkerran und 50ppm für Longrow.
Danach geht der Prozess für alle Whiskys zunächst gleich weiter: Das Malz wird grob gemahlen und danach wird aus dem Schrot mittels heißem Wasser der Zucker gelöst. Diese süße Flüssigkeit (wort oder Würze) wird dann mit Hefe vergoren. Dabei entsteht der sogenannte wash oder auch einfach Bier. Interessant bei Springbank ist, dass die Würze bei nur 15°C vergoren wird, wodurch der Gärvorgang sehr lange dauert, nämlich bis zu 110 Stunden. Außerdem entstehen bei der Gärung nur 4,5% Alkohol. Bei anderen Destillerien werden schon in der Gärung bis zu 10% Alkohol erreicht. Dies ist jedoch bei Springbank so erwünscht, um den gleichen Charakter zu erhalten.
Schließlich wird das entstandene Bier destilliert. Hier unterscheiden sich wiederum die drei Whiskysorten: Longrow wird klassisch doppelt destilliert: Zuerst wird das Bier einmal destilliert und das Zwischenergebnis (die sogenannten low wines) wird nochmals destilliert. Von dieser Destillation wird der Mittelteil (also nicht der Vor- und Nachlauf) in Fässer abgefüllt.
Hazelburn wird, wie früher in den Lowlands gängig und auch heute noch in Irland üblich, dreifach destilliert. Hierbei wird einfach der entstandene Brand nochmals destilliert und erst dann abgefüllt.
Springbank wird 2,5fach destilliert: Bei der zweiten Destillation wird nicht nur der stark alkoholhaltige Teil der ersten Destillation verwendet, sondern es wird nochmals schwach alkoholisches Bier beigemischt. Das Ergebnis daraus wird dann nochmals destilliert und danach abgefüllt.
Danach durften wir noch die Abfüllstation und ein Lagerhaus sehen. Außerdem füllt Springbank als eine von sehr wenigen Destillerien in Schottland noch selbst in Flaschen ab. Auch dies durften wir ansehen. Hier waren wir erstaunt, wie viel Handarbeit hier noch gemacht wird.
Die Springbank Destillerie läuft nicht das ganze Jahr ununterbrochen auf Hochtouren, vielmehr werden im Jahr pro Sorte nur jeweils zwei Monate für die Produktion aufgewendet. Die restliche Zeit wird gemälzt und gedarrt. Während dieser Zeit wird dann aber nicht destilliert, obwohl dies technisch möglich wäre. Laut Aussage von Peter ist die Nachfrage nicht so groß und mit dieser Arbeitsteilung kann man die Destillerie mit weniger Mitarbeitern betreiben.
Peter war es auch sehr wichtig, dass bei Springbank alles noch sehr traditionell abläuft. Es werden hier kaum Experimente gemacht, selbst die Sorte Gerste ist schon sehr lange die gleiche, obwohl es mittlerweile ertragreichere Sorten geben würde.
Wir erfragten auch, wie Cadenheads und Springbank zusammenhängen. Die Antwort ist ganz einfach, Cadenheads wurde von Springbank aufgekauft, weil diese die Möglichkeit zum selbständigen Abfüllen haben wollten. Nun wird in der Abfüllanlage auf dem Destilleriegelände für Cadenheads mit abgefüllt. Cadenheads ist als unabhängiger Abfüller bekannt. Naja, so ganz unabhängig sind sie nicht.
Die Glengyle Destillerie liegt an der selben Straße wie Springbank. Auf dem Weg dahin machte uns Peter darauf aufmerksam, dass es in dieser Straße einmal fünf Destillerien gegeben hatte. Von einigen sieht man heute noch Wände, z. T. stehen sogar noch die Lagerhäuser, häufig ohne Dach.
Die Glengyle Destillerie gab es vor langer Zeit schon einmal, wurde dann aber für viele Jahre geschlossen. Als das Gelände zum Verkauf stand, kaufte Springbank es auf. Genauso wie alle anderen Grundstücke, die an das Destilleriegelände angrenzen. Im Schottischen muss es ein Sprichwort geben, dass sinngemäß bedeutet, dass man die Möglichkeiten nutzen sollte, wenn man an sein Grundstück angrenzendes Land aufkaufen kann, da man nicht weiß, wann sich die Möglichkeit wieder bietet.
Der Eigentümer beauftragte dann Peter die noch vorhandenen Gebäude wieder als funktionsfähige Destillerie auszustatten. Peter kaufte von verschiedenen Destillerien gebrauchte Geräte und teilweise neue Bestandteile. Die Brennblasen wurden beispielsweise gebraucht gekauft, jedoch so umgeformt, dass die Form das Ergebnis bei der Destillation liefern konnte, das erwünscht war. Es heißt immer, dass die Form der Brennblase zum Geschmack des Whiskys beiträgt.
Da der Name Glengyle bei Whisky bereits geschützt war, wurde der Whisky Kilkerran genannt. Dieser wird derzeit nur zwei Monate im Jahr (November und Dezember) produziert. Diese kurze Zeit reicht prognostiziert aus, um den Bedarf in ca. 10 Jahren zu decken. Da die Destillerie erst seit einigen Jahren wieder produziert gibt es noch keinen 10-jährigen Whisky, sondern nur Sonderabfüllungen, die sich “Work in Progress” nennen.
Nach dem Besuch bei Glenglye verabschiedete sich Peter von uns und ging zurück an seinen Schreibtisch, er musste noch arbeiten. Wir schauten bei Cadenheads vorbei, wo wir uns noch jeder einen der vier Whiskys zum Probieren aussuchen durften. Wir wählten einen 10jährigen Hazelburn und einen 10jährigen Springbank. Der Hazelburn war erstaunlich scharf und schmeckte erst verdünnt. Dieser wird, obwohl er keinen Torf enthält, nicht in unserer Hausbar landen. Dafür war der Springbank toll, auch für Julia, die normalerweise nicht auf die torfigen Whiskys steht. Enttäuscht waren wir, weil wir nach so einer Tour nicht alle vier probieren durften, das hätten wir erwartet.
Als wir zurück beim Westbank House waren, waren die beiden Eigentümerinnen auch da. Beide sind super lieb und total hilfsbereit. Wir fragten, wo wir gut zu Abend essen könnten und sie empfahlen uns das Ardshiel Hotel, mit einer super Whiskyauswahl. Als wir das annahmen, reservierten sie uns gleich noch einen Tisch. Das Zimmer war schön groß, mit einem Doppelbett und einem zweiten Einzelbett. Das Bad ist später eingebaut worden, was man deutlich sieht, aber nicht schlimm ist. Hier kam die Vorliebe der Schotten für Teppichböden wieder ganz deutlich zum Vorschein: Sogar im Bad gab es Teppichboden.
Das Abendessen gab es im Ardshiel Hotel. Dorthin liefen wir ganz gemütlich. Insgesamt ist die Innenstadt von Campbeltown sehr übersichtlich. Man kennt sich sehr schnell gut aus. Als besonders sehenswert würden wir die Stadt nicht bewerten. Man merkt, dass die Glanzzeiten vorbei sind. Heute hat die Stadt noch 6000 Einwohner, so viele wie sie 1880 schon einmal hatte. Schaut man sich jedoch die Halbinsel Kintyre an, ist Campbeltown ein wichtiges Zentrum.
Im Wintergarten des Ardshiel Hotel gab es unser Abendessen, anschließend zogen wir um an die Whisky Bar. Dort ließen wir uns wir die Karte geben und fanden sogar ein Whisky, von dem das Glas 130 Pfund kostet. Derzeit sind dort ca. 700 verschiedene Flaschen im Angebot. Aktuell wird dort etwas umgebaut, wenn der Umbau fertig ist, sollen es 1000 Flaschen werden. Das Ardshiel Hotel war im letzten Jahr die beste Whisky Bar ganz Schottlands. Das wird in Campbeltown immer wieder erwähnt, darauf ist man stolz.
Für uns gab es lokale Whiskys, einen Springbank Madeira Finish, einen Springbank Marsala Finish und einen Longrow Shiraz Finish. Ralf mochte alle drei, Julia eigentlich nur den Madeira.
Danach reicht es für den heutigen Abend und wir gingen zurück in unser B&B, wo wir uns für die Nacht fertig machten.
Dann kam es zur ernsten Ehekrise, Ralf schlief im Einzelbett. Naja, ganz so schlimm war es dann doch nicht, Ralf schlief fiel mehr im Einzelbett, weil das Doppelbett so schmal war, dass wir keine Chance gehabt hätten, ohne blaue Flecken die Nacht zu überstehen.
So, geschafft! Wir sind wieder auf dem Laufenden :-))
Super, daß Ihr Eure ‘Ehekrise’ so gut in den Griff bekommen habt *lach*
Weiterhin einen schönen Urlaub und ich bin gespannt auf die neuen Whiskies, die wir unbedingt probieren müssen. Der Madeira Finish Springbank hört sich jedenfalls sehr interessant an.
Liebe Grüße
Dieter