Mittwoch, 17.08.2011
Beim Frühstück trafen wir Paulina wieder, mit der wir uns lange unterhielten. Paulina stammt eigentlich aus Polen, hat dann in Deutschland für ein Jahr studiert und ist seit vier Jahren in Schottland. Hier ist sie der Liebe wegen hängen geblieben. Bei der Arran Destillerie hat sie am 01.08. angefangen zu arbeiten, wird nun eingelernt und soll künftig im Verkauf unter anderem den deutschen Markt bearbeiten. Wir werden ihre Ergebnisse direkt verfolgen können. Paulina erzählte auch, dass die Whiskybranche eine sehr kleine ist und eigentlich Jeder Jeden kennt. Es ist schwierig neue und vor allem erfahrene Mitarbeiter zu bekommen, da alle einen Job haben. Aus diesem Grund ist sie auch dort angestellt worden, weil sie jung ist, mehrere Sprachen spricht und ihr Chef das Potenzial in ihr gesehen hat, dass sie die Anforderungen nach einer gründlichen Einarbeitungszeit erfüllen kann.
Nach dem Frühstück fuhren mit einigen Tipps von Jean los. Arran ist eine Insel, um die eine Straße außen herumführt. In der Mitte der Insel quert eine Straße die Insel in Ost-West-Richtung und im Süden eine weitere. Die Westseite von Arran ist viel schlechter erschlossen als die Ostseite. Die Straßen im Westen sind z. T. eng und häufig unübersichtlich. Das Highlight war an einer besonders Steilen und kurvigen Stelle, als uns ein Tanklaster entgegenkam. Eigentlich hätte er Vorfahrt gehabt, blieb dann aber an einer Stelle stehen, an der wir haarscharf an ihm vorbeipassten. Den Berg hätten wir nicht mehr rückwärts hochgewollt. Krass ist teilweise der Fahrstil der Einheimischen, uns war regelmäßig unwohl, wenn uns ein Einheimischer entgegen kam, da diese schnell fuhren und auch bei Gegenverkehr nicht abbremsten.
Arran ist im Norden bergig, man kommt sich, sobald man einige Meter von der Küste weg ist, wie im Hochgebirge vor. Auch wenn man die Insel von weiter weg sieht, erkennt man gut, dass es extrem bergig ist. Viele Gipfel sehen wie Vulkankegel aus, ob alle auch tatsächlich von einem Vulkan stammen, wissen wir nicht, grundsätzlich hat es auf Arran Vulkanismus gegeben.
Im Süden wird Arran flacher, wobei dies täuscht. Julia hofft, dass die Lowlands noch einmal deutlich flacher sind, als der Süden Arrans. Auch gilt, dass es schnell nach oben geht, sobald man ein Stück vom Meer (es reichen oft 20 bis 50 Meter Luftlinie) auf das Inselinnere kommt.
Für einen Tag Arran hatten wir viele Möglichkeiten, diesen zu gestalten. Als Wanderung hatten wir morgens die Wahl zwischen den Kings Caves (Höhlen direkt an der Küste) oder uralten Steinkreisen. Da die Wanderung zu den Steinkreisen im Machrie Moor nur ca. 1,5 Stunden anstatt mind. 2,5 Stunden zu den Kings Caves dauerte und das Wetter etwas unsicher war, entschieden wir uns für die kürzere Tour.
Also machen wir unseren ersten Stopp am Machrie Moor, bei den uralten Steinkreisen. Diese sind sogar älter als Stonehenge! Die Forscher gehen davon aus, dass diese zwischen 5700 und 5000 vor Christus errichtet wurden. Es war faszinierend zu rätseln, wie es damals schon möglich war, solch große Steine aufzustellen und das in einer Form, dass sie heute immer noch stehen. Klar fehlen einige Steine zu einem vollen Steinkreis, aber man kann es sich nach wie vor gut vorstellen. Nicht klar ist uns, warum man zu dieser Zeit auf einer Insel wie Arran gesiedelt hat, die zu großen Teilen aus Bergen und unwegsamen Gelände bestand. Ackerbau ist hier nur schwer möglich. Dafür gibt es Schafe in rauen Massen.
Als wir auf dem kleinen Parkplatz am Machrie Moor ankamen waren wir das zweite parkende Auto. Auf dem Rückweg zum Auto fingen wir an, uns Sorgen zu machen, ob wir überhaupt noch wegkommen würden, da uns solche Menschenmassen entgegenkamen. Wir hatten Glück und niemand hatte uns zugeparkt, aber der Parkplatz war voll.
Morgens hatten wir unsere Vermieterin Jean gefragt, ob es auf der Insel einen Geldautomaten und einen Supermarkt gibt. Ihre Antwort lautete, nur in Brodick und Lamlash. Das ist schon krass, wenn man für einen größeren Einkauf immer nach Brodick muss. Als wir dann einmal fast um die ganze Insel herumgefahren waren, verstanden wir auch weshalb: Die Ansiedlungen waren so klein, dass es sich nicht lohnte. Oft bestanden die Ortschaften aus 5-10 Häusern. Die größte Ortschaft auf der Südseite, Blackwaterfoot, bestand aus ca. 30 Häusern und einem recht großen Hotel.
Wir hatten in unseren Reiseführern und auch sonst schon viel von den auf Arran produzierten Lebensmitteln gelesen. Sogar auf der Fähre nach Arran hatte man Käse, Haferkekse und Whisky probieren können. Um uns selbst auch ein Bild machen zu können, hielten wir bei der Torylinn Creamery an. Dies ist eine Käserei, die sich auf Hartkäse spezialisiert hat. Es ist wohl nicht möglich in einer Käserei Hart- und Weichkäse herzustellen. Viel zu sehen gab es nicht, wir entschieden uns dennoch ein Stück Käse, Haferkekse und Joghurt mitzunehmen.
Unser Weg führte uns weiter nach Kildonan, wo wir hofften, Seehunde zu sehen. Leider saßen sie nicht auf den Felsen, so dass wir Pech hatten. Dafür gab es dann bei einem kräftigen Regenschauer ein leckeres Picknick im Auto. Richtig toll war der Joghurt, mit Sicherheit nicht Diät-tauglich, aber cremig.
Vor Kildonan hatten wir einen schönen Blick auf den Phadda Leuchtturm und einen Bergkegel, der wie der Zuckerhut spitz aus dem Meer aufragt.
Von Kildonan fuhren wir nach Whiting Bay. Dort gab es wieder die Möglichkeit zu zwei Wanderungen laut Reiseführer. Die eine sollte zu den Glenashdale Wasserfällen führen und die andere zu Gigantengräbern. Laut Reiseführer sollte der Weg zu den Gräbern kurz aber steil Treppenstufen hinaufführen. Auf Beginn des Wanderwegs stand eine Wegskizze, die sich genauso wie der Reiseführer als unzutreffend herausstellte. Es gab einen schönen Rundwanderweg, der zu beiden Zielen führte. Über einen teilweise steilen und schmalen Waldweg gelangten wir zur Aussichtsplattform bei den Wasserfällen. Die Wasserfälle lohnen in jedem Fall die Wanderung. Hier ist das Wasser durch das torfige Gelände braun. Leider fing es, nachdem wir die Wasserfälle erreicht hatten, leicht an zu regnen. So sahen wir zu, dass wir weiterkamen. Oberhalb von den Wasserfällen ging ein breiter Fahrweg zu den Gräbern. Rechts und links des Fahrwegs war eine tolle Heidelandschaft, viel grün und lila gemischt. Auch auf Arran wurde teilweise massiv aufgeforstet, leider wohl nicht so richtig erfolgreich. Entweder wurden manche Waldstücke wieder gerodet oder vom Wind aufgerissen, es sah jedenfalls manchmal aus, als wäre Lothar gerade durchgezogen.
Die Giants Graves liegen auf einer Hochfläche, von der aus man einen gigantischen Blick auf Arran, das Festland und Holy Island hat. Holy Island ist eine kleine, Arran vorgelagert Insel auf der ein Kloster steht in dem heute Entspannungskurse angeboten werden.
Die Giants Graves an sich sind Grabstätten, in welchen die Gebeine der Toten aufbewahrt wurden. Vor den Rundbauten war ein Zeremonienplatz, auf welchen die Trauerfeier stattfand. Die Leichen blieben dort liegen, bis das Fleisch von Raaben aufgegessen war. Raaben galten als heilige Tiere, denen man das Fleisch opferte.
Das letzte Wegstück war ein sehr steiler, in Serpentinen angelegter Pfad hinab auf Flussniveau. Gemächlich, um unsere Knie, zu schonen wanderten wir auch dort hinunter und waren heilfroh, den Rundweg nicht anders herum gegangen zu sein.
Die Weiterfahrt führte über Lamlash nach Brodick. Lamlash hat nicht viel zu bieten außer einer netten Strandpromenade, die wir aufgrund Lauffaulheit nicht weiter erkundeten und einem kleinen Supermarkt, in dem wir nicht mal Putzlappen bekamen. In Brodick gingen wir zur Bank und ganz groß einkaufen: Wasser und Putzlappen. Putzlappen brauchten wir, um unsere Wanderschuhe etwas abputzen zu können. Dann ging es zurück nach Lochranza.
Unterwegs fragten wir im Stags nach, ob es für den heutigen Abend auch noch einen Tisch gäbe und die Antwort lautete ja. So gab es Essen bei Stags: Geschmorte Lammschulter für Ralf und hausgemachte Lasagne für Julia, danach Chocolate Fudge Cake mit Sahne und Eis. Wieder super lecker.
Am Abend genossen wir unseren einzigartigen Blick aus dem Fenster über die Bucht mit einem schönen Abendrot.