Sonntag, 21.08.2011 – Viel Natur und nur ganz wenig Whisky
Beim Frühstück konnten wir wieder ein ganz tolles Beispiel für schottische Gastfreundschaft erleben. Bei Margareth gibt es zwei große Tische mit jeweils sechs Personen, um welche sich die Gäste verteilen. Mit uns waren in der letzten Nacht noch ein gebürtiger Schotte, der jetzt in Australien lebt und eine Familie, bei die mit dem Fahrrad unterwegs ist und die Großeltern mit dem Auto das Gepäck transportieren. Dies war eine Gruppe von neun Personen, ähnlich unserem Engelbesuch.
Bei uns saßen die Großeltern und ein Bruder der Oma am Tisch. Alle drei waren total aufgeschlossen und erzählten und fragten, versuchten uns Tipps zu geben, richtig nett. Die Familie wohnt in Ardrossan, wo wir ja unseren Tripp gestartet haben. Früher muss es an der Westküste Industrie gegeben haben, allerdings hat zum Beispiel IBM dort alles aufgelöst und sogar die Gebäude komplett abgerissen. Das sind schon eindeutige Signale. Für die Menschen dort es ist schwierig.
Nach dem Frühstück fuhren wir ganz in den Süden auf eine Halbinsel, die sich die Oa nennt. Dort gibt es wieder schöne Sandstrände, die sich singing sands (singende Sande) nennen. Man hat von hier aus einen tollen Blick auf Port Ellen und die Lagerhäuser.
Ein Stück weiter kommt man zu einem Leuchtturm. Die Straße dorthin besteht aus sich aneinanderreihenden Schlaglöchern. Da wird auch der erste Gang schnell zum Fahrgang.
Der Carraigh Phada Leuchtturm steht vorgelagert am Eingang der Bucht von Port Ellen und den singing sands auf einem Felsen. Das Gebäude an sich ist nicht so schön. Ob er noch genutzt wird, wissen wir nicht.
Von hier durchquerten wir “the Oa” komplett. Es gibt hier, wie an vielen Stellen auf Islay, eine Moorlandschaft. Diese hat ihren eigenen Scharm. Weiterhin wird auf den Flächen, wo es möglich ist, Tierhaltung betrieben. Hier trafen wir wieder auf Hochlandrinder, mit ihrem einzigartig zotteligen Fell.
Wir gelangten zu einem Parkplatz im Naturschutzgebiet von “the Oa”, wo wir unser Auto abstellen mussten. Über einen Rundweg von ca. 2 Meilen gelangt man zum American Monument. Hier hat das amerikanische Rote Kreuz im ersten Weltkrieg ein Denkmal aufgebaut, als ein amerikanisches Schiff sank, nachdem es von einem deutschen Torpedo getroffen worden war. Dies ist das zweite große Schiffsunglück, das zur Geschichte der Insel gehört.
Vom American Monument hat man einen schönen Blick über die Küste Islays. Im Gegensatz zu vielen anderen Stellen der Insel ist die Küste hier steilabfallend, mit vielen Steinen auch im Meer. Man sieht auch die Küste Nordirlands, wenn es einigermaßen klar ist. Wir konnten sie sehen, aber recht unscharf.
Der Weg zum American Monument war abenteuerlich, wir mussten durch zwei Weiden mit Hochlandrindern, die sich glücklicherweise nicht so richtig für uns interessierten. Bei einem Zweikampf hätten wir den kürzeren gezogen. Jedoch waren die Rinder nicht das einzige Hindernis. Der Weg wurde zwischendurch extrem matschig, weil er durch das Moor führte. Man musste bei jedem Schritt aufpassen, dass man seine Hosen und Schuhe nicht total versaute. Gummistiefel wären hier toll gewesen. Wir lästerten zwischen durch, wenn es immer wieder schöne Schmatzgeräusche beim Laufen gab, dass der Boden Hunger hat, uns aber nicht bekommt.
Da es auf Islay häufig regnet, sind schon einige Holzstege verlegt, allerdings reichen diese bei weitem nicht aus. Bei Regen in den Tagen zuvor ist der Weg nicht zu empfehlen.
Um keine Destillerie auszulassen, wollten wir uns heute die Bowmore Destillerie anschauen. Dies war die einzige Destillerie, bei der wir keine Tour gebucht hatten. Glück braucht der Mensch und wir konnten uns spontan für die nächste Tour anmelden.
Zuvor holten wir uns beim Chinesen noch etwas zu essen, das wir auf dem Marktplatz von Bowmore auf einer Bank verzehrten. Es schmeckte lecker, war vom Stil her doch etwas anders als chinesisches Essen in Deutschland. Besonders verwundert waren wir über die Frage, ob wir Reis oder Pommes als Beilage wollen. Die Engländer/Schotten sind schon krass, wenn sie dazu Pommes essen.
Bowmore mälzt noch weniger als die Hälfte selbst, Darrböden haben sie drei mit jeweils einer Kapazität von 14 Tonnen. Der Whisky ist getorft, aber nicht so stark, an die genaue Zahl können wir uns nicht mehr erinnern. Eine Besonderheit ist das Lagerhaus Nr. 1, das teilweise unter dem Meeresspiegel liegt und deshalb einen ganz eigenen Geschmack verleiht. Bei der Tour hatten wir den Schweizer und die beiden Radfahrer wieder getroffen. Die Insel ist so klein, dass man sich doch immer wieder über den Weg läuft.
Über den Wash Backs hängt jeweils ein Schild mit einem der früheren Besitzer. Der aktuelle Besitzer hat kein Schild mehr bekommen, da es keine freie Wash Back in diesem Raum mehr gab.
Das Tasting war nicht so spektakulär, man bekommt einen Dram ausgeschenkt, alle weitern kosten zusätzlich und sind z. T. auch noch nicht ganz billig.
Wir hatten uns im Vorfeld gewundert, weshalb bei unserer Anfrage bei Bowmore die Antwort gekommen war, dass sie in dieser Zeit nicht produzieren, nun wissen wir auch warum. Bei Bowmore geht jeden Sommer das Wasser aus, so dass es jedes Jahr eine Ruhepause von 6-12 Wochen gibt, bis wieder genügend Wasser vorhanden ist. Da es in diesem Jahr relativ viel geregnet hat, war nur für 6 Wochen geschlossen. Letzten Donnerstag hatten sie wieder angefangen, am Montag sollte das erste Mal destilliert werden.
Die Destillerie hat ein Lagerhaus, die Nr. 3, gespendet um daraus ein Vergnügungscenter zu machen. Inzwischen gibt es darin ein Hallenbad und ein Fitnesscenter. Das Wasser im Hallenbad wird durch die Abwärme aus der Destillerie beheizt. Das ist eine sinnvolle Verwendung für die Wärme.
Von Bowmore fuhren wir zum Finlaggan Castle, das früher Hauptsitz des Lordship of the Isles war. Dem Lordship of the Isles stand ein König vor, der aus dem Hause McDonald stammt und zu seinen Glanzzeiten die meisten Inseln Schottlands beinhaltete, Teile der Highlands und Irlands. Der Hauptsitz war auf Islay, da dies relativ zentral lag. Das Castle an sich war auf einer Insel in einem Binnensee, der sehr gut zu verteidigen war und nahe am Meer lag, so dass die Erreichbarkeit mit Schiffen gewährleistet war. Von damals ist nicht mehr viel übrig, die Mauern, die heute noch stehen, stammen vielfach von einer Farm, die auf dieser Insel im 16. Jahrhundert errichtet worden war. So beeindruckend fanden wir es nicht, aber ganz interessant.
Danach fuhren wir zurück, entschieden uns für ein frühes Abendessen und liefen wieder zum Lochside Hotel. Dieses Mal gab es für Ralf Hähnchenbrust und für Julia gebackenen Camembert, beides sehr lecker. Da wir noch so früh dran waren, kamen wir an einem Nachtisch nicht vorbei. Der Käsekuchen mit weißer Schokolade und das Panna Cotta mit Mango waren klasse.
Damit waren wir auch schon gut durch und packten noch alles für unsere Tour bei Laphroig zusammen und fielen ins Bett.